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PROZESSUALE WAFFENGLEICHHEIT – GILT DIE NEUE RECHTSPRECHUNG DES BVERFG (U.A. 1 BVR 1379/20) AUCH BEIM URHEBER- UND GEWERBLICHEN RECHTSSCHUTZ?

30. Oktober 2020

GEROLD SKRABAL

Seit den beiden Entscheidungen des BVerfG aus September 2018 (zur äußerungsrechtlichen Unterlassung 1 BvR 1783/17 und zur presserechtlichen Gegendarstellung 1 BvR 2421/17) muss der Antragsteller im einstweiligen Verfügungsverfahren sich neuen Anforderungen stellen. Die nach dem BVerfG gebotene Anhörung des Antragsgegners kann für ihn zusätzliche Hürden sowohl in formaler als auch in zeitlicher Hinsicht bedeuten. Die Rechtsprechung wurde im Juni 2020 weiter konkretisiert (1 BvR 1246/20).

Gemäß einer Entscheidung aus Juli 2020 (1 BvR 1379/20) soll die zunächst zum Äußerungs- und Presserecht ergangene Rechtsprechung „im Grundsatz“ auch im wettbewerbsrechtlichen Verfügungsverfahren gelten.

Ob die Waffengleichheits-Rechtsprechung aber auch den Bereich des Urheber- und gewerblichen Rechtsschutzes umfasst, hatte das BVerfG noch ausdrücklich offengelassen. Eine Entscheidung für diesen Bereich kann mit Spannung erwartet werden. Allerdings hat das BVerfG (1 BvR 1379/20, Rz. 7) hierzu auf die Durchsetzungs-Richtlinie (RL 2004/48/EG vom 29.4.2004) verwiesen. Sie regelt in Artikel 9 Abs. 4 u.a.: „Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die einstweiligen Maßnahmen (…) in geeigneten Fällen ohne Anhörung der anderen Partei angeordnet werden können, insbesondere dann, wenn durch eine Verzögerung dem Rechtsinhaber ein nicht wieder gutzumachender Schaden entstehen würde.“ Möglicherweise gibt es also in diesem Bereich Ausnahmen vom Gebot der Anhörung „in geeigneten Fällen“. Solche Fälle darzulegen und glaubhaft zu machen, wird dann voraussichtlich Aufgabe des Antragstellers sein.

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