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DIE EINSTWEILIGE VERFÜGUNG WURDE NICHT FRISTGERECHT VOLLZOGEN – WAS NUN? – AUFHEBEN! (LG COBURG – 22 0 889/20)

6. Dezember 2022

CAROLIN CANEL

Im zugrundeliegenden Verfahren klagte die Verfügungsklägerin auf Unterlassung. Gegenstand der Unterlassung waren Äußerungen der Verfügungsbeklagten in einem Zeitungsartikel. Die Verfügungsklägerin gewann den Rechtsstreit: Das Gericht ordnete die einstweilige Unterlassungsverfügung durch ein Urteil an.

Nach §§ 929 Abs. 2, 936 ZPO ist die erstrittene einstweilige Verfügung innerhalb eines Monats durch die Verfügungsklägerin der Verfügungsbeklagten zuzustellen. Die Frist beginnt mit Urteilsverkündung oder der gerichtlichen Zustellung beim Verfügungsgläubiger (hier der Verfügungsklägerin) zu laufen. Vorliegend löste die Urteilsverkündung die Frist aus. Daraufhin hatte es die Verfügungsklägerin unstreitig versäumt, das Urteil an die Verfügungsbeklagte fristgemäß zuzustellen. Damit fehlte es an der Vollziehung der Verfügung.

Sinn und Zweck der Zustellung ist laut LG Coburg, dass „der Gläubiger seinen Vollziehungswillen betätigen muss.“ Dies wird gerade durch die Weiterleitung des Urteils an den Verfügungsschuldner zum Ausdruck gebracht. Weiter stellt es fest: „Nach Ablauf der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO, wird kraft Gesetzes unwiderleglich vermutet, dass sich die Umstände i.S.d. § 927 ZPO verändert haben und kein Verfügungsgrund (mehr) vorliegt.“ Demnach kann die einstweilige Verfügung (mangels Vollziehung) auf Antrag nach § 927 ZPO aufgehoben werden.

Das Gericht verneint einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB, auch wenn die Aufhebungsklägerin einen Aufhebungsantrag stellt und zuvor den streitgegenständlichen Artikel aus dem Netz genommen hat. Denn das sei nur ein vorläufiges Handeln unter Vorbehalt. Demnach durfte die Verfügungsklägerin aufgrund dieser Umstände nicht darauf vertrauen, dass die Verfügungsbeklagte die Unterlassungsverfügung „künftig umfassend und freiwillig erfüllen werde.“

Fazit: Wer Interesse an der Durchsetzung der erstrittenen einstweiligen Verfügung hat, sollte ein besonderes Augenmerk auf die ordnungs- und fristgemäße Zustellung bei der Unterlassungsschuldnerin legen.

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